Die Große Kunstausstellung NRW 2014 in Düsseldorf
Papapollen und Schirmherrenverdichtung
Noch bis 9. März 2014 ist im Düsseldorfer Museum Kunstpalast die Verkaufs- und Leistungsschau des gegenwärtigen, vornehmlich rheinischen Kunstwesens zu sehen. Werke von 152 Künstlern hat die Jury für diese Auflage der Frühjahrsausstellung ausgewählt.
Der Kunstpreis der Künstler geht heuer an die Düsseldorfer Bildhauerin Beatrix Sassen (*1945), die in den 60er Jahren bei Beuys, später bei Heerich an der Kunstakademie ebenda studiert hat. Eine kleine Auswahl an Arbeiten aus den letzten zehn Jahren beglaubigt den Preis, ganz wunderbare Kopf- und Ganzfiguren aus bemaltem Holz im Zentrum. Der Förderpreis geht indessen an Evelina Velkaite (*1982 Klaipeda, lebt in Essen und Basel), die sehr verhalten, abstrakt bis konkret malt und collagiert, aber bestimmt nicht jeden mit ihren Werken begeistert.
Malerei
In Sachen Malerei auffällig – neben einem Trend hin zum monumentalen Tierportrait – ist unter anderem eine großformatige (1,5 x 4 Meter) Erinnerung an den abstrakten Expressionismus durch Frank Hinrichs (*1956 Mülheim Ruhr, lebt in Düsseldorf): Hinrichs nimmt eine erdige Mixtur aus Harz, Steinmehl, Acryl- und Ölfarbe und drescht mit Lederriemen sehr dynamische, gestrüppartige Strukturen auf die Leinwand (Skriptur III, 2012).
Mit deutlich weniger großer Geste, aber von der Eleganz japanischer Tuschezeichnungen ist die Malerei Petra Frönings (*1972 Siegburg, lebt in Düsseldorf), die silbrig-graue, floral-vegetative Strukturen auf weißer Fläche verteilt: planta21, 2012.
Photographie
Felix Dobbert (*1975 Hamburg, lebt in Düsseldorf) arrangiert auf seinen C-Prints EPS-Schutzverpackungsteile im tiefschwarzen Raum, irgendwo zwischen deep space maneuver und Meditation über das, was zwischen den Dingens abwesend ist (Edges, 2013). Michael H. Rohde (*1960 Lippstadt, lebt in Berlin) ist mit einem seiner skurrilen Interieurs in radikaler Untersicht vor Ort: ein Bad, ein Hund, eine Frau wie durch einen gläsernen Fußboden aufgenommen: Annimalia, 2012. Ganz anders Johannes Post (*1983 Neuss, lebt in Köln): Er wählt die extreme Draufsicht auf ganz in Schwarz gehaltene Wohnzimmer, nicht ohne vorher mit der Kreissäge Sofa, TV, Hifi-Anlage, Klavier und Buchregal zum Längsschnitt zu zerlegen (000-250 room, 2012).
Skulptur
Mit einer kleinen Sonderausstellung wird Günter Haese (*1924 Kiel, lebt in Düsseldorf) geehrt, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag feiert. Fünf seiner berückend schönen kinetischen Skulpturen aus Messingdraht (u.a. Kalogo III, 2012), mit denen er seit den 60er Jahren am Markt ist, sind in Düsseldorf zu Gast. In einem Video erzählt er von seiner Arbeit.
David Fried (*1962 New York, lebt in Düsseldorf) stellt sein spektakulär meditatives Kugelballett Self Organizing Still Life (2013) zum Verkauf.
Ulrike Waltemathe (*1962 Hünxe, lebt in Duisburg) weist derweil auf die regelmäßig unterschätzte Gefahr der Polleninvasion (2012) hin und lässt 10 monströse, aus Papptrinkbecher geklebte Mama- und Papapollen den Raum heimsuchen. Ein hübsches Sitzmöbel mit Kuheuterkissen steht anbei (Umgestülpt, 2011).
Verhaltensauffälligkeiten
Explizit politische Arbeiten sind die Sache der rheinischen Gegenwartskunst nicht unbedingt. Verhaltensauffällig ist deswegen Martin Gensheimer (*1978 Frankfurt a. M., lebt in Duisburg), der in seiner Bleistiftzeichnung Schirmherrenverdichtung II (2012) knapp zwanzig Wirtschaftsgranden mit ihren Firmenlogos zu einem Gesamtgroßkopferten vereinigt.
Und Heike Demleitner (*1967 Ingelheim, lebt in Hagen) montiert in ihrer mixed media Installation Verneigt (2012) elf einfache Wasserhähne wie in einem betrieblichen Waschraum reihenweise an die Wand: Die Neigegriffe sind durch Seifenstücke ersetzt, darauf Portraitzeichnungen der politischen Eliten, Merkel, Schäuble, Obama – eine Aufforderung an die Dame und die Herren sich vor dem Tagwerk anderer Menschen zu verneigen.
Die Große Kunstausstellung NRW 2014. Düsseldorf, Museum Kunstpalast. 16. Februar – 9. März 2014.