Kulturraum NRW


Die Theatersaison 2013 / 2014 in Köln

Eine Merkliste (1)

Im Schauspiel Köln steht alles auf Anfang: Neuer Intendant, neues Ensemble, neuer Spielplatz. Opernintendantin Birgit Meyer nimmt unterdessen u.a. Stücke von Wolfgang Rihm und Philip Glass auf die Agenda für die Session 2013/2014.

Kölner Schauspielhaus und Oper vor der Sanierung. Foto: © Raimond Spekking / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons) - AusschnittKölner Schauspielhaus und Oper vor der Sanierung. Foto: © Raimond Spekking / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons – Ausschnitt)

Kritiken Spielzeit 2013/2014

Das Kölner Schauspiel wechselt den Spielplatz, von der Nordstadt geht’s auf die Schäl Sick: Während Schauspiel- und Opernhaus am Offenbachplatz weiter grundsaniert und ausgebaut werden, muss die bisherige Ausweichspielstätte in der Expo XXI, eine Session lang genutzt, aus Kostengründen aufgegeben werden. Man bezieht stattdessen eine ehemalige Produktionshalle von Felten & Guilleaume in Mülheim. Zwei Bühnen haben dort Platz, die größere mit rund 650 Sitzen sogar deutlich mehr als im bisherigen Interimsquartier (450 Plätze). Die Stadt Köln geht unterdessen in echt rheinischem Optimismus davon aus, dass zum Herbst 2015 der dann sanierte und ausgebaute Komplex am Offenbachplatz wieder zur Verfügung steht – ja, ganz gewiss.

Stefan Bachmann. Foto: © Raimond Spekking / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)Stefan Bachmann. Foto: © Raimond Spekking / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)Wichtiger ist ein anderer Wechsel: Der Schweizer Regisseur Stefan Bachmann tritt am Schauspiel Köln die Nachfolge an von Intendantin Karin Beier, die nach einem sechsjährigen Sommermärchen die Rheinprovinz verlässt und das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg übernimmt. Das sorgt auch dafür, dass das Ensemble durchgetauscht wird, die meisten der bisherigen Leistungsträger folgen Karin Beier nach Hamburg (u.a. Lina Beckmann, Yorck Dippe, Charly Hübner, Markus John, Jan Peter Kampwirth, Anja Lais, Carlo Ljubek, Angelika Richter, Maria Schrader, Michael Weber, Julia Wieninger und natürlich Karin Beiers Gatte Michael Wittenborn). Das ist sehr bitter.

Schauspiel Köln

Auf dem Programm für die Session 2013/14 stehen 18 Neuproduktionen, darunter 8 Uraufführungen. Zusätzlich bringt Bachmann seine Inszenierung von Shakespeares Perikles (Halle Kalk, Nov/Dez 2013) aus der Wiener Burg ebenso als Übernahme mit wie seinen Versuch einer Dramatisierung der Genesis aus Zürich (Depot 1, 1. November 2013) und kauft die seit 2005 tourende, von Jan Bosse eingerichtete Inszenierung von Werner Schwabs Präsidentinnen (Depot 2, Nov/Dez 2013) an den Rhein.

Die Spielzeit wird aber eröffnet von Michael Frayns Theatertheaterfarce Der nackte Wahnsinn (Depot 1, P: 27. September 2013). Die Inszenierung übernimmt Rafael Sanchez, der mit Moritz Sonstmann und Angela Richter im Team der drei Hausregisseure ab der Session 2013/14 die Regiehandschrift in Köln prägen wird. Sonstmann ist einen Tag später mit Brechts Der gute Mensch von Sezuan dran (Depot 2, P: 28. September 2013), Angela Richter gibt ihren Einstand Mitte Oktober mit der Uraufführung von Kippenberger! (Depot 2, UA: 11. Oktober 2013), einer „Geisterbeschwörung“ des neuwilden Künstlers Martin Kippenberger in seinen Kölner Jahren.

Der Chef selbst hat sich drei Inszenierungen für die Spielzeit vorgenommen: Zunächst Der Streik nach einem Roman von Ayn Rand, der amerikanischen Apologetin des libertär-fundamentalistischen Kapitalismus – wenn das mal in Köln nicht fürchterlich vor die Wand fährt (Depot 1, P: 12. Oktober 2013). Dann Shakespeares Kaufmann von Venedig (Depot 1, P: 21. Februar 2014), zuletzt Habe die Ehre, eine böse Komödie von Ibrahim Amir über den „Ehrenmord“, die Anfang 2013 im Wiener Theater Nestroyhof uraufgeführt wurde (Ort variabel, DE: April/Mai 2014).

Für den Januar 2014 kommen zwei Uraufführungen auf die Merkliste: Helenes Fahrt in den Himmel, ein Stück des dänischen Schauspielers, Autors und Regisseurs Jens Albinus, der hier auch selbst inszeniert (Halle Kalk, UA: 17. Januar 2014) und Die Welt mein Herz von Mario Salazar (Depot 2, UA: 31. Januar 2014).

Für das Frühjahr 2014 hat sich das Schauspiel vorgenommen, Kölner Bürger zum Sprechen zu bringen: Rafael Sanchez will ein Stück mit 100 Kölner Rentnern machen (7000 Jahre Köln oder 100 alte Helden retten die Welt, Depot 1, UA: 23. Mai 2014) und Nuran David Calis will sich zusammen mit Anwohnern der Keupstraße, zehn Jahre danach, ein Bild machen von den Folgen des NSU-Terroranschlags in Köln-Mülheim (Die Lücke, Depot 2, UA: 9. Juni 2014).

Oper Köln

Opernintendantin Birgit Meyer geht mit Plänen für neun Neuproduktionen in ihre zweite Spielzeit. Auf die Merkliste nehme ich aber nur drei Abende. Helene Hegemann (ja genau: „Axolotl Roadkill“) richtet Frank Wedekinds Drama Musik nach eigenem Libretto neu ein und stellt es mit Musik des jungen Komponisten Michael Langemann auf die Bühne des Palladiums. Gefördert wird das Projekt vom nordrhein-westfälischen Fonds Experimentelles Musiktheater (Palladium, UA: 7. Dezember 2013).

Im Frühjahr 2014 steht Wolfgang Rihms Kammeroper Jakob Lenz (1979) auf dem Programm (Trinitatiskirche, P: 22. März 2014) sowie die von Philip Glass und Susan Marshall 1996 als Tanzoper eingerichtete Adaption von Jean Cocteaus Les enfants terribles (Studiobühne Köln, P: 25. Juni 2014).

Theater der Keller

Das traditionsreiche, private Theater der Keller wird seit Ende 2012 auf der Roten Liste des Deutschen Kulturrates unter den von Schließung bedrohten Einrichtungen geführt. Der Rat der Stadt Köln hat jetzt in seiner Sitzung vom 18. Juli 2013 Gelder in Höhe von 90.000€ aus dem „Feuerwehrtopf Förderkonzepte“ zur Unterstützung der Bühne in der Kleingedankstraße genehmigt, erheblich weniger als die vom Theater beantragten 150.000€. Ob das reichen wird? Der Rat verbindet die Genehmigung mit der dringenden Empfehlung an das Theater, sich „inhaltlich und wirtschaftlich neu auszurichten“, na prima.

Der neue Leiter, Heinz Simon Keller, versucht jedenfalls das Haus zu retten mit einem klaren Profil: „100% Gegenwart“ soll es sein. Neun Neuproduktionen stehen auf der Agenda für die Spielzeit 2013/2014, ein sehr bemerkenswertes Programm. Den Auftakt macht der Chef selber und inszeniert Theresia Walsers grimmige Komödie um fundamentalistischen Terror und Talkshowhumanismus, Eine Stille für Frau Schirakesch, uraufgeführt 2011 im Theater Osnabrück (P: 13. September 2013). Es folgen Neueinrichtungen von Dennis Kellys Waisen, Reto Fingers Kaltes Land und Lukas Bärfuss’ Malaga.

Im Februar dann steht Martin Heckmanns’ jüngstes Stück auf dem Programm, Einer und Eine, die modernde Romanze zweier prekärer Existenzen aus dem akademischen Milieu, die eigentlich die Beziehungspraxis zugunsten der Theorie hinter sich gelassen hatten. Die Uraufführung Ende 2012 im Nationaltheater Mannheim fiel bei der Kritik zwar durch, aber nicht wegen des Stücks, sondern wegen der Inszenierung (P: 14. Februar 2014).

Im Frühjahr folgt die deutsche Erstaufführung von Anne Habermehls Dreigenerationendrama Luft aus Stein, uraufgeführt Anfang 2013 am Schauspielhaus Wien und dort von den meisten Kritikern sehr freundlich aufgenommen (DE: März/April 2014).

Auf die Merkliste nehme ich auch zwei Uraufführungen mit lokalem Bezug: Thomas Ulrich plant eine musik-theatralische Begehung der Liebesschlösser an der Hohenzollerbrücke (UA: 14. November 2013), fürs Frühjahr hat man sich eine Dramatisierung vorgenommen von Navid Kermanis philosophierenden Streifzügen durch die rheinische Alltagspraxis: Vierzig Leben (UA: März/April 2014).

Weitere Theater der freien Szene

Das Theater im Bauturm feiert im Herbst 2013 sein 30jähriges Jubiläum. Auf dem Programm stehen vier Neuproduktionen. Den Anfang macht Oscar Wildes Das Leben ist Ernst, Ernst (Bunbury) in einer Inszenierung von Thomas Ulrich (P: 14. September 2013). Einen Monat später folgt das Deutsch-Griechische Theater mit den Ekklesiazousai von Aristophanes, der Weibervolksversammlung, in der die Frauen um Praxagora ihrer kommunistischen Utopie in Athen realisieren (P: 18. Oktober 2013). Lothar Kittstein arbeitet an einem neuen Stück, Zu spät! Zu spät! Zu spät!, in dem er sich mit Selbstoptimierung in Form von Coaching beschäftigt (UA: 8. November 2013). Im Frühjahr 2014 steht Georg Büchners Woyzeck auf der Agenda, in einer Inszenierung von Jörg Fürst (P: 25. April 2014).

In der Kölner Südstadt plant Joe Knipp ebenfalls vier Neuproduktionen für sein Theater am Sachsenring: Neben Ibsens Peer Gynt und Dorfmanns Der Tod und das Mädchen und einem, von Thomas Reis für Signe Zurmühlen geschriebenen Kabarettsolo, Signes Frauenrausch, steht für die neue Session der zweite Teil von Hannelore Honnens Trilogie Satisfaktion auf der Agenda: In Die Lustschiffer oder Was sie schon immer über Kunst wissen wollten stellen Honnen und Knipp Marcel Duchamp, Meret Oppenheim, Louise Bourgeois und Niki de Saint Phalle auf die Schaubühne (Theater am Sachsenring, UA: 30. Dezember 2013).

Merkliste Köln

Links

Spielzeithefte 2013/2014

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